In der Mitte klemmt’s bei Eintracht Frankfurt- vorne auch

02. April 2024, 11:54 Uhr

Nicht in Form: Ellyes Skhiri. © IMAGO/Beautiful Sports

Eintracht-Marathonmann Ellyes Skhiri ist nicht der erhoffte Stabilisator und die Frankfurter Offensive zu harmlos – trotz des Rekordeinkaufs Hugo Ekitiké.

Auch gegen Union Berlin legte Ellyes Skhiri mal wieder die weiteste Strecke aller Spieler auf dem Feld zurück. 12,7 Kilometer riss der Eintracht-Marathonmann im Mittelfeld runter, das ist eine bemerkenswerte Distanz, aber keine Seltenheit für ihn. Wenn er nicht fünf Bundesligapartien komplett verpasst hätte, wäre der bald 29-Jährige auch ligaweit wieder unter den Top-drei-Dauer(b)rennern dabei. „Er war sehr fleißig“, lobte Trainer Dino Toppmöller nach der Nullnummer gegen die Köpenicker und holte zur vielfachen Belobigung aus: „Er war viel unterwegs, hat viele Zweikämpfe geführt, viele zweite Bälle gewonnen, viele Läufe hinter die Kette gemacht.“ Ganz schön viel. Und ganz sicher zu viele gute Worte für die Leistung des Routiniers an diesem Tag im Waldstadion.

Natürlich ist dem Chefcoach nicht entgangen, dass Skhiri das Spiel auch beinahe entschieden hätte, nicht für die Eintracht, sondern für die ansonsten eher aufs Blockieren bedachten Berliner. In der Anfangsphase war er zu langsam für den flinken Yorbe Vertessen, und direkt nach der Halbzeit spielte er einen leichtfertigen Rückpass in den Lauf des Union-Angreifers, der aber erneut knapp verzog. „Dass es nicht sein bestes Spiel mit Ball war, ist richtig“, bemerkte Toppmöller. Der es aber ansonsten tunlichst vermied, den Nationalspieler Tunesiens zu kritisieren. Aus nachvollziehbaren Gründen. Skhiri ist nicht nur ein leiser Vertreter, sondern ein sensibler Mensch, der sich vieles zu Herzen nimmt und selbst weiß, dass er aktuell in keiner Verfassung wie zu seiner Kölner Zeit ist, als er zum besten defensiven Mittelfeldspieler der ganzen Liga gekürt wurde.

Zurzeit hat er mit sich selbst zu kämpfen, ringt darum, wieder seine Form zu finden, um der Anker in der Zentrale sein zu können, den die heterogene Mannschaft benötigen würde. „Er ist in einer schwierigen Phase“, hat Sportvorstand Markus Krösche erkannt. „Aber das gehört dazu. Er ist erfahren genug, da wieder herauszukommen.“

Ganz weit weg von Köln

Hilfreich wäre in jedem Fall, wenn der angeschlagene Nebenmann Hugo Larsson schnell ins Team zurückkehren könnte. Denn mit dem schwedischen Toptalent an seiner Seite ist Skhiri ungleich stärker. In dieser Konstellation gibt das Mittelfeldduo der Mannschaft die benötigte Stabilität und den Halt. Schon paradox, dass ganz offensichtlich der 19 Jahre alte Hugo Larsson das Puzzlestück dafür ist und nicht der ungleich erfahrenere Skhiri.

Richtig ist dennoch, dass die Verantwortlichen, den mit vielen Vorschusslorbeeren aus Köln gekommenen „Sechser“ schützen, stützen und unterstützen, denn die Qualität des Spielers ist unbestritten, und in Topform kann er ein wichtiger Faktor sein – selbst wenn er, wie es scheint, an Dynamik eingebüßt hat, was aber auch mit seinen stetigen Rückenschmerzen zu tun haben könnte. Der Schnellste einer ist er sowieso nicht.

Vielleicht benötigt der 28-Jährige einfach ein bisschen mehr Zeit als andere, um sich einzufinden. Nicht alle Menschen gehen mit einem Umgebungswechsel und der Eingliederung in eine neue Gemeinschaft gleich um. In jedem Fall ist das oftmals wegbrechende Mittelfeldtandem mit Larsson und Skhiri der Stabilität des gesamten Gebildes nicht zuträglich, es ist eine der Baustellen.

Ist Ekitiké ein Knipser?

Zu der gehört sicher auch das gesamte Offensivspiel. Das belegen schon die nackten Zahlen. Mit 42 Treffern liegt die Eintracht im grauen Mittelfeld, acht Mannschaften haben häufiger getroffen, alle Top-5-Teams sogar deutlich mehr. Die Frankfurter liegen in allen relevanten Statistiken, Schüsse, Großchancen, Chancen, allenfalls im Niemandsland des Klassements. Nicht auszudenken, was wäre, wenn Omar Marmoush nicht so herausragend performed hätte bisher. Und ausgerechnet der beste Torschütze (zehn Saisontore) und wertvollste Offensivspieler musste zuletzt aus der Sturmspitze weichen, kam gegen Union Berlin mehr aus dem rechten Halbfeld. Hugo Ekitiké, der Rekordtransfer, nahm dafür seinen Platz ein – und zeigte eine wechselhafte Vorstellung.

Das Zusammenspiel der beiden funktionierte nicht wirklich reibungslos, „nicht ideal“, befand Toppmöller. „Omar muss die Position erst adaptieren“. Beide müssten sich besser aufeinander eingrooven. „Es war das erste Mal, dass sie so zusammen gespielt haben.“ Dennoch sei dieses Modell auch in Zukunft denkbar. „Es sind beides gefährliche Spieler mit unglaublichem Speed“, befindet Toppmöller. Vielleicht mal als Doppelspitze probieren? Das würde gleichwohl die Systematik verändern, und ob der Coach das auf den letzten Metern der Saison wagt?

Nachvollziehbar war dennoch, dass er seinen Topstürmer zurückgezogen hat, obwohl sich Marmoush als klassischer „Neuner“ hervorragend entwickelt hat. Doch der Ägypter kommt gerne aus der Tiefe des Raums und ist gelernter Außenstürmer. Und es ist richtig, Ekitiké aufzubauen und aufzupäppeln – nicht weil er 20 Millionen Euro kostet. Sondern weil er Potenzial hat. Das sollte für jedermann ersichtlich sein, der sich ein bisschen mit Fußball beschäftigt.

Unverständlich daher, dass schon jetzt Zweifel an seiner generellen Tauglichkeit gesät werden. „Ihm fehlt noch ein bisschen der Punch“, sagt Kollege Ansgar Knauff über den Franzosen. „Aber wenn er jetzt mal ein, zwei Tore schießt“, dann werde der Knoten platzen. „Er kann uns extrem weiterhelfen.“ So ähnlich sieht es Philipp Max, der den 21-Jährigen auf dem richtigen Weg sieht. „Er muss in den Rhythmus kommen“, sagt der Verteidiger. „Das ist der wichtigste Punkt im Fußball.“ Alles andere komme von alleine, vor allem „Selbstvertrauen“.

Für viele stellt sich bei „Heki“, wie ihn der Trainer ruft, nicht die Frage der Qualität, sondern eine andere: Ist der Bursche wirklich ein Torjäger, ein eiskalter Knipser? Das wird er bewiesen müssen. Ein paar Spiele bleiben ihm noch.

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