Ist ein Eimer „Blut“ doch das Geheimrezept?
Die Kabine des SV Flieden, Schauspiel der legendären Ansprache von Trainer Meik Voll (vorne in weiß). © Charlie Rolff
Adlerauge
Kevin Krieger wird auf Lebzeit keinen Optiker brauchen. Da bin ich mir zu 100 Prozent sicher. Denn seine außergewöhnliche Sehkraft stellte er am Samstag eindrucksvoll unter Beweis. Nach gut 20 Minuten gab es Freistoß für seinen Hünfelder SV in Weidenhausen . Krieger saß direkt vor mir, während ich das Smartphone zückte, um im Zweifel den 1:0-Führungstreffer für die Ewigkeit festhalten zu können. Mindestens 70 Meter waren wir von der Szenerie entfernt, als Leon Zöll anlief und den Ball in die Mauer zimmerte. So dachte ich zumindest, stoppte die Aufnahme und ließ das Handy wieder in der Tasche verschwinden. Krieger hingegen wütete und sagte: „Elfmeter, klarer Elfmeter.“ Ich zückte mein Handy, schaute mir die Szene noch dreimal an und fragte nun Krieger, was er denn gesehen habe: „Den Ball hat einer mit dem Ellenbogen und Oberarm geblockt, sonst wäre der drin gewesen. Der ist da aktiv zum Ball hin.“ Er hatte alles richtig gesehen. Ich hingegen brauchte drei Wiederholungen und musste den Zoom bemühen, um Jan Gerbigs Handspiel zu identifizieren. Der Schiedsrichter hatte übrigens einen deutlich besseren Blick als Krieger und sah das Handspiel nicht. Also Kevin, falls du nach der Spielerkarriere Langeweile hast, wie wäre eine Laufbahn als Schiedsrichter?
Hart im Nehmen
Normalerweise herrscht auf dem Chattenloh in Weidenhausen eine ausgelassene und zuweilen hitzige Stimmung. Das macht dem Redakteur genauso viel Spaß wie dem neutralen Zuschauer. Doch gleich zweimal herrschte am Samstag für einen Moment totenstille. Einmal, als Hünfelds Aaron Gadermann und Weidenhausens Christian Steinmetz im Mittelfeld mit den Köpfen zusammenstießen und liegenblieben. Es grenzte fast an ein Wunder, dass in dieser Situation nicht das Blut spritzte. Gadermann musste trotzdem ausgewechselt werden. Ihm war schwindlig. Richtig vom Trainerteam hier kein Risiko einzugehen. Unliebsame Bekanntschaft mit der Schussgewalt eines Adlers machte eine Hünfelder Zuschauerin: Die Mutter von Mark Zentgraf bekam aus kürzester Distanz einen knallhart geschossenen Ball ins Gesicht. Aber Mutter Zentgraf ist hart im Nehmen, schüttelte sich kurz, verzichtete auf die Behandlungspause und konnte wenig später ihrem Sohn zujubeln, der mit einem genialen Pass das 1:0-Siegtor auflegte.
Geheimrezept?
Im Sommer coachte Meik Voll beim Abschiedsspiel von Fabian Schaub das Allstar-Team Schaubs und sorgte mit einer legendären Kabinenansprache für einen Internet-Renner: Mehr als eine Million Aufrufe hat ein kurzer Clip, in dem Voll jedem Spieler aus einem Eimer Blut trinken. Selbstredend war kein echtes Blut, sondern ein Alkoholmischgetränk im Topf. Doch beim Blick auf das letzte Spiel der SG Johannesberg, die Meik Voll coacht, muss man sich fragen: Gibt es vielleicht doch ein Geheimrezept? Zwei Spieler sahen Gelb-Rot, vier Mann Gelb. Schiedsrichter Loris Langlitz vermerkte in 90 Minuten ganze 15 Karten. Und doch gewann Johannesberg in doppelter Unterzahl gegen die SG Ehrenberg mit 2:1.
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