Neuer Mann, alter Kurs bei Eintracht Frankfurt

04. November 2024, 16:30 Uhr

Will dem Adler weiter dienen und klettert dabei die Karriereleiter hoch: Julien Zamberk. © IMAGO/Hartenfelser

Der 36 Jahre alte Finanzvorstand Julien Zamberk will die Eintracht weiter voranbringen und sieht den Job auch als Verpflichtung.

Im Leben des Julien Zamberk gab es sicherlich Zeiten, die gleichförmiger verliefen als Tage wie diese. Die sind nämlich turbulent, aufregend, spannungsreich. Vor sieben Wochen erst erblickte Sohnemann John das Licht der Welt, und so ein neuer Erdenbürger verändert ja immer auch das Leben der Eltern; und vor wenigen Tagen hat Papa Julien beruflich noch mal einen ganz schönen Satz auf der Karriereleiter gemacht; seit 1. November firmiert der 36-Jährige als Finanzvorstand der Eintracht Frankfurt Fußball AG. Wobei ganz klar ist: Sprössling John wird das Leben des Vaters mehr auf den Kopf stellen als sein neuer Job. Denn in den ist Julien Zamberk quasi reingewachsen.

Seit fast elf Jahren arbeitet er in verschiedenen Funktionen für den Fußball-Bundesligisten, angefangen hat alles als Praktikant auf der Geschäftstelle des Riederwalds, dort, wo das Herz der Eintracht schlägt. Zuletzt leitete er die Stadion GmbH als Geschäftsführer. Zamberk ist in Frankfurt aufgewachsen, mit der Eintracht ist er groß geworden, „ich trage sie im Herzen“, sagt der Betriebswirt. Aber es klingt nicht pathetisch, eher so, als sei es die logischste Sache der Welt. Als er zwecks Studium nach England ging für sieben Jahre, musste er aus der Ferne einen Abstieg erleiden, was einem Fan zwar nahe geht, an seiner Bindung jedoch nichts ändert.

Das hat dann schon eher die berufliche Tätigkeit bei seinem Herzensverein mitgebracht. „Es ist nicht mehr das ganze normale Fan-Dasein, wenn man Verantwortung trägt“, sagt er. Die ist nun noch einmal gewachsen, im Vorstand eines Unternehmens mit einem Umsatz von 390 Millionen Euro zu sitzen, einem Klub, der 144 000 Mitglieder unter seinem Dach vereint, ist ein gewaltiger Auftrag. Und eine Verpflichtung. Zumal Vorgänger Oliver Frankenbach eine Koryphäe auf seinem Gebiet ist und „in den letzten Jahrzehnten ein Garant für die Stabilität der Eintracht“ war, wie Vorstandssprecher Axel Hellmann sagte. Der erfahrene Hellmann gilt aber auch als Mentor des klugen Kopfes Zamberk.

Er findet ebenfalls, dass „ich in große Fußstapfen trete“, doch er habe sehr wohl „das Selbstvertrauen“ und den Glauben in die eigenen Fähigkeiten, dieser Aufgabe gerecht zu werden. „Für mich ist es eine große Ehre“, sagt er. „Ich weiß, was der Verein den Menschen in der Region bedeutet, auch der Politik und der Wirtschaft“.

Zamberks Vorteil: Er kennt den Klub aus dem Effeff, er sagt selbst, es sei in den vergangenen Jahren kein Projekt auf den Weg gebracht worden, an dem er nicht involviert gewesen sei oder es sogar federführend vorangetrieben hat. Auch in Zukunft wird er auf strategische Unternehmenspläne ein Auge haben, will aktiv mitgestalten. „Ich fange nicht bei Null an“, sagt er, „ich bin tief in den Themen drin.“

Er könne in jedem Fall versichern, dass er den Job mit der „nötigen Seriosität und wirtschaftlichen Vernunft“ angehen werde. Der Wachstumskurs soll beibehalten werden, Transfererlöse ein wichtiger Bestandteil der Strategie bleiben. Vor einigen Jahren habe sich der Klub dazu entschieden, „in Spielerwerte zu investieren“.

Sportvorstand Markus Krösche habe durch „kluge Transfers eindrucksvoll gezeigt“, dass dieser Weg sehr erfolgreich sein könne. Ein besonders großes Risiko sieht er in diesem Geschäftsmodell nicht. Natürlich liege ein Gutteil des Kapitals im Spielerkader, aber man gehe bei der Zusammenstellung der Mannschaft ja nicht nach „dem Zufallsprinzip“ vor, sondern „wir treffen fundierte Transferentscheidungen“. Mit Erfolg.

Der Kaderwert liegt inzwischen bei 300 Millionen Euro. Die Topklubs würden wirtschaftlich zwar in anderen Dimensionen schweben, führte Zamberk aus, „aber dass die Bundesliga nicht zementiert ist, haben wir in den letzten Jahren bewiesen.“ Schöne Grüße an dieser Stelle an Heribert Bruchhagen.

Mit der finanziellen Ausstattung der Eintracht lasse sich auch mal eine weniger erfolgreiche Saison überbrücken, zudem gibt sie ihr die Möglichkeit, einem Wechsel mal nicht zuzustimmen, wie jetzt bei Omar Marmoush. „Im Sinne der Wirtschaftlichkeit hätte man ihn vielleicht verkaufen müssen, aber im Nachhinein ist es die beste Entscheidung, das nicht getan zu tun.“ Sportlich natürlich, aber auch wirtschaftlich: Im Sommer 2025 werden potenzielle Abnehmer eine unverschämt hohe Millionensumme aufbringen müssen.

Um das Fundament weiter zu stärken, wird die Eintracht in Bälde eine weitere Kapitalmaßnahme auflegen. Einige Konzepte sind in den vergangenen zwei Jahren auf den Weg gebracht worden. „Die Kapitalbasis spielt eine wichtige Rolle“, erklärt Zamberk. Und Vereinspräsident Mathias Beck, gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrats, stellt schon mal klar: „Wir werden als Verein gestärkt aus dieser Kapitalmaßnahme herausgehen.“

Mathias Beck war es auch, der von Anfang an eine interne Lösung als Finanzvorstand präferierte, aber auch externen Kandidaten auf den Zahn fühlte. Am Ende aber sieht er sich bestätigt, „nach unzähligen Gesprächen“ mit Julien Zamberk, diesen mit einem Vertrag bis 2027 ausgestattet zu haben. Der junge Familienvater gilt als zielstrebiger, kompetenter Fachmann mit hellem, innovativem Geist. Mit Vorgänger Frankenbach hat Mathias Beck auch etwas Besonderes vor: „Wenn er das erste Mal wieder ins Waldstadion kommt, essen wir eine Bratwurst und trinken ein Bier zusammen.“