Panzer für den BVB: Politische Bildung in Fußballschuhen?
Borussia Dortmund hat mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall offenbar einen neuen Sponsor gewonnen. © David Inderlied/dpa
Borussia Dortmund braucht Geld und der Rüstungskonzern Rheinmetall sucht Image. Da liegt es nahe, dass beide kooperieren und einen für beide Seiten lukrativen Sponsoringvertrag abschließen. Der BVB kassiert Millionen aus dem Geschäft mit Kriegsgerät und die Manager des Rüstungskonzerns dürfen darauf hoffen, dass das Image eines der größten europäischen Fußballvereine auf Rheinmetall abfärbt.
Fußball und Rüstungsindustrie: BVB geht Deal mit Rheinmetall ein
Der Deal sickerte im Laufe dieser Woche durch. Das Handelsblatt war wieder einmal die Plattform, auf der durchgestochene Infos aus der Fußballbranche zuerst veröffentlich und kommentiert wurden. Dort will man auch von Seiten der Vertragspartner mitbekommen haben, dass es den BVB Verantwortlichen um weitaus mehr geht als um die Kohle. Man möchte eine öffentliche Debatte darüber entfachen, was für die Sicherheit des Landes und Europas notwendig ist.
Politische Bildung in Fußballschuhen? Oder eine faule Ausrede, um denkbaren Ein- und Widerspruch bei einem heiklen Sponsorendeal zu verwässern? Ich meine, der Fußball überschätzt sich wieder einmal selbst. Nach Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und die dadurch ausgelösten Ängste in den Fragen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik steht das Thema ganz oben auf der Agenda öffentlicher Debatten. Aber braucht es tatsächlich einen üppigen Sponsorendeal, um in dieser Debatte Aufmerksamkeit zu erzeugen und Gesprächsanlässe zu provozieren? Oder wird dieses Argument nur als plattes Zeichen der Tarnung gebraucht?
Im Vordergrund stehen doch letztlich die Millionen, die Rheinmetall auf den Tisch legen wird. Allein, dass die Info unmittelbar vor dem Finalspiel in der Champions League (1. Juni in London gegen Real Madrid) durchgesteckt wird, macht sich für die Manager des Rüstungskonzerns bezahlt. Mehr Aufmerksamkeit geht nicht. Ganz Europa wird darüber sprechen und Fanszenen werden gute Gründe finden, den Deal abzulehnen und dagegen zu protestieren.
Apropos Fanszenen. Hier vermeldeten die Ruhr Nachrichten, dass die BVB Verantwortlichen mitgeteilt hätten, den Deal im Fanrat des BVB diskutiert zu haben. Allerdings am Ende die Auflage mitgegeben haben, alles Besprochene in Sachen Rheinmetall vertraulich zu handhaben. Das Thema hat also den Kreis der Delegierten nie verlassen und wurde vor dem Beschluss nicht offen diskutiert. Das ist OK. Viele wirtschaftliche, sportliche und andere strategische Entscheidungen der Klubführung müssen natürlich nicht mit den Fans diskutiert oder gar von denen abgesegnet werden. Aber im Sinne des Fandialogs steht es jedem Verein gut, wenn es gelingt, Foren zu schaffen, in denen sich die Verantwortlichen von den Fans in solchen Fragen beraten lassen. Durchaus ergebnisoffen und kontrovers. Manchmal bleibt in solchen Beratungen ja auch das eine oder andere Argument hängen, was man später in der Krisenkommunikation verwenden könnte.
Aber im vorliegenden Fall scheint es so zu sein, dass der angebliche Fandialog ebenfalls nicht mehr gewesen ist als eine Alibiveranstaltung. Auch das ist OK. Doch sobald die Funktion des Fandialogs als Feigenblatt enttarnt wird, erscheinen solche Gesprächsrunden mindestens als kontraproduktiv. Der Fußball überschätzt sich allzu häufig hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Verantwortung und möglichen Steuerungsfunktion für das Lancieren gesellschaftlicher Debatten. Genau das wird auch in diesem Fall Kritik provozieren. Die Pro- und Contra-Argumente im Zusammenhang mit der Bedeutung von Rüstungskonzernen garantieren auch ohne den BVB-Sponsoringdeal eine ernstzunehmende und wichtige Debatte. Die Fußballbosse des BVB hätten einfach die Bälle flach halten und sich aus der Politik raushalten sollen. Es hätte genügt, zuzugeben, worum es wirklich geht. Der BVB braucht das Geld und Rheinmetall passt nach dem Dafürhalten der Klubverantwortlichen zum Image von Borussia Dortmund.
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