Wie zwei Eintracht-Spieler ins Abseits geraten sind

12. November 2024, 12:13 Uhr

Läuft nicht: Fares Chaibi, frustriert. © IMAGO/Jan Huebner

Fares Chaibi und Niels Nkounkou spielen aktuell nur Nebenrollen bei Eintracht Frankfurt – Nathaniel Brown könnte ihnen als Mutmacher dienen.

Die neue Spielzeit begann für Fares Chaibi eigentlich ganz okay. Gleich im ersten Pflichtspiel ist dem Mittelfeldspieler der Frankfurter Eintracht ein Tor geglückt, ein wichtiges, der 1:0-Türöffner beim 4:1-Sieg im Pokalspiel bei Eintracht Braunschweig. Auch in der ersten Bundesligapartie in Dortmund stand der Algerier in der Startformation, brachte nun keine nennenswerte Darbietung aufs Feld, aber eine erinnerungswürdige.

Denn im BVB-Fußballtempel unterlief ihm ein folgenschwerer Fehlschuss aus Nahdistanz, von dem er sich, wenn man so will, bis heute nicht mehr erholt hat. Chaibi vergab die Riesenchance zur Führung nach 71 Minuten, zwei Meter vor dem verwaisten Kasten schaufelte er die Kugel drüber – im Gegenzug klingelte es im Eintracht-Gehäuse, 0:1, Endstand 0:2. Saisonstart trotz guter Leistung verpatzt. Und man kann nicht behaupten, dass es für Fares Chaibi danach noch mal aufwärts gegangen wäre.

Ein paar Tage später stellte er sich tapfer der Presse, er war gut drauf, lächelte. Das kapitale Missgeschick von Dortmunder habe er abgehakt, klar habe er sich geärgert, aber was soll man machen? „Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut.“ Und natürlich wäre es überinterpretiert, wenn man einen monokausalen Zusammenhang zwischen dem Fauxpas in Dortmund und seinem persönlichen Abwärtstrend herstellen würde – aber so ein bisschen kann das schon an einem kratzen und nagen. Dabei wollte er durchstarten in dieser Saison, hatte sich so viel vorgenommen für sein zweites Jahr im Ausland, nämlich dies: „Mehr Tore, mehr Vorlagen, mehr Spielzeit.“ Nun ja.

Der 21-Jährige hat in dieser Runde im Grunde keinen Impact aufs Eintracht-Spiel, zumindest keinen positiven. Seinen Stammplatz hat er längst verloren, er ist auch nicht mehr nah dran an der ersten Elf, zweimal schaffte er es gar nicht mehr in den Kader, im Pokal gegen Mönchengladbach und in der Liga gegen Bochum.

Kopfball in die Mitte – Tor

Das hat in erster Linie mit seinem generellen Leistungsnachweis zu tun, der doch arg überschaubar war, aber auch mit seiner laxen Körpersprache – und zu guter Letzt mit einer Fehlleistung in der Partie bei Union Berlin, als er als Einwechselspieler den Ball leichtfertig verlor und es wenige Sekunden später hinten klingelte.

So etwas passiert, befand Dino Toppmöller, aber ein wenig mehr Präsenz, Bereitschaft und Biss könnten es schon sein, das ließ der Chefcoach zwischendurch durchblicken. Wenn es schon nicht läuft, dann will das Trainerteam zumindest sehen, dass sich jemand auflehnt gegen Widerstände, noch härter an sich arbeitet und nicht hadert und Gott und der Welt die Schuld gibt. Denn Dino Toppmöller ist niemand, der den Stab über einen Spieler bricht oder ihn links liegen lässt. Das ist gut so, gerade sensible Spieler wie Chaibi brauchen Zuspruch. Paradebeispiel für die Fairness des Trainers ist Eric Dina Ebimbe, der zu Saisonbeginn weit im Abseits parkte, dann aber wieder ins Team integriert wurde – auch wenn er jetzt in Stuttgart eine denkbar schwache Darbietung zeigte.

Auch Chaibi habe nach zweimaliger Nichtberücksichtigung für den Kader „ein anderes Gesicht gezeigt“, wie Toppmöller vor dem Stuttgart-Spiel sagte. Er werde seine Einsätze bekommen und „uns noch helfen, wir werden keinen abschreiben.“ In Bad Cannstatt aber setzte sich die persönliche Negativserie für den Algerier fort: Eingewechselt beim Stand von 3:0 war er es, der den VfB mit einer leichtfertigen Kopfballabwehr in die Mitte endgültig zurück ins Spiel brachte, das 2:3 war der Auftakt zur wilden Schlussoffensive, die die Eintracht mit eineinhalb blauen Augen überstand. Sportvorstand Markus Krösche urteilte dennoch milde über Chaibis Abwehraktion. „Das war unglücklich, würde ich ihm aber nicht voll ankreiden.“ Und überhaupt: „Das passiert halt, ist nicht schlimm, gehört dazu.“

Kleinigkeiten führten auf diesem Niveau zu Toren, entscheidend sei, dass irgendwann ein Lernprozess einsetze. „Wenn du mit jungen Spielern arbeitest, muss dein Geduldsfaden extrem lang sein, du musst eine höhere Fehlertoleranz haben“, betont Krösche. „Dazu gehören auch mal schlechtere Phasen.“

Krösche mit Aufbauarbeit

So eine durchlebt auch Linksverteidiger Niels Nkounkou, der gar nicht mehr so blutjung ist – 24 Jahre alt. Der Franzose schaffte es in Stuttgart gar nicht erst ins Aufgebot, auch davor schon war er hinten dran. Das hat nicht nur, aber auch mit seiner erschreckend schwachen Leistung in der Europa League gegen Riga zu tun, als er den Zwergen aus Lettland mit einem Luftloch sogar noch die Möglichkeit zum Ausgleich servierte.

Anschließend kam er in fünf Partien noch auf einen Kurzeinsatz im Pokal gegen Gladbach, ansonsten saß er draußen. Nkounkou, schon so ein kleiner Bruder Leichtfuß, hat es nicht geschafft, größere Konstanz in seine Leistungen zu bringen. „Momentan ist es nicht so einfach für Niels“, sagt Krösche.

Auf links hat ihm Nathaniel Brown den Rang abgelaufen. Der Durchstarter ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnell es im Fußball gehen kann. „Nene hatte zu Beginn auch keine leichte Phase, ist unverschuldet ins Hintertreffen geraten“, wie der Sportchef erzählt. „Aber er hat immer weiter an sich gearbeitet, alles aufgesaugt, er ist ein schlauer Spieler.“ Prompt machte der 21-Jährige zuletzt sogar zwei Tore. Ein Leben wie im Traum für den jungen Burschen, der an Robustheit zulegen könne.

„Sein Beispiel ist ein Zeichen in die Mannschaft, dass jeder seine Chance bekommt und belohnt wird, wenn du viel investierst“, bekundet Krösche, der aufbauende Worte für das ins Hintertreffen geratene Duo Chaibi/Nkounkou findet. „Sie werden sich da wieder rauskämpfen. Wir glauben an sie, weil sie unglaubliche Fähigkeiten haben und in einem Alter sind, in dem sie sich weiterentwickeln können.“

Schließlich legten sie eine professionelle Einstellung an den Tag, ließen sich nicht unterkriegen. „Wir sehen, dass sie hart arbeiten und fokussiert sind“, sagt Krösche und spannt den Bogen zur Gesamtsituation: „Sie akzeptieren auch, mal nicht im Kader zu sein. Das ist unsere große Stärke in diesem Jahr: Die Jungs gönnen sich den Erfolg gegenseitig. Das ist wichtig. Wenn du eine funktionierende Gruppe hast, dann kannst du außergewöhnliche Dinge erreichen.“

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