28 Tore in 9,5 Spielen: Torjäger mit Wahnsinnsquote

27. April 2023, 09:39 Uhr

Eingebaute Torgarantie: Thomas Wirsing kann auf eine erstaunliche Quote bei der SG Freiensteinau II blicken. © Oliver Müller

Ein 43-Jähriger schießt die B-Liga Schlüchtern kurz und klein – und sein Team womöglich zum Aufstieg: Thomas Wirsing hat für die SG Freiensteinau II 28 Treffer erzielt – und das in neuneinhalb Partien als Feldspieler.

War der Co-Trainer früher kaum mehr als Hütchenaufsteller, übt er längst eine elementare Funktion aus als Berater und Vertrauensperson des Cheftrainers und häufig konstanter Weggefährte auf dessen Stationen. In der Gruppenliga Fulda führt ein solches Duo die SG Freiensteinau zu Höhenflügen: Reinhold Jessl und sein spielender „Co“ Thomas Wirsing, der selbst den Trainerschein hat.

Thomas Wirsing mit überragender Torquote bei der SG Freiensteinau II

Die Zusammenarbeit begann vor 23 Jahren mit dem Wechsel des 21 Jahre alten Wirsing von seinem Heimatverein Teutonia Staden zu dem von Jessl trainierten Hessenligisten SV Bernbach. Von kurzen Ausnahmen abgesehen, kreuzten sich die Wege immer wieder. Vor Freiensteinau waren beide bis 2021 für vier Jahre beim VfB Oberndorf (Gruppenliga Frankfurt Ost) tätig. „Wir sprechen die gleiche Fußballersprache, sind mittlerweile auch privat befreundet. Wenn Reinhold mal verhindert ist, sprechen wir uns kurz ab, welche Schwerpunkte im Training gesetzt werden sollen“, erzählt Wirsing, der nebenbei auch noch die C2 des JFV Oberau betreut, wo sein 13 Jahre alter Filius Leon kickt.

Längst beschränkt sich Wirsings Engagement in Freiensteinau nicht mehr nur auf das Amt des Co-Trainers. Er spielt und stürmt regelmäßig in der zweiten Mannschaft , hilft aber auch als Torhüter aus und ist gelegentlich sogar noch Einwechselspieler der ersten Mannschaft. Und das ziemlich erfolgreich: Die Torschützenliste der B-Liga Schlüchtern führt er mit 28 Treffern an, obwohl er nur bei elf Partien im Einsatz war, davon eineinhalb als Torhüter und fünfmal nur über eine Halbzeit. In der Gruppenliga schlagen drei Treffer des 133-maligen Hessenligaspielers zu Buche. Obwohl seine Größe von 1,72 Meter nicht unbedingt auf Kopfballstärke schließen lässt, erzielte er im November im Spitzenspiel beim ESV Hönebach die beiden ersten Treffer zur 2:0-Führung per Kopf (Endstand 4:2 für Hönebach). „Mit den Auswahlmannschaften haben wir in Grünberg viel am Kopfballpendel geübt. Hinzu kommt auch die Erfahrung, wann man abspringen muss“, erklärt der zweifache Familienvater, in dessen fußballerischer Vita neben Teutonia Staden, der SG Freiensteinau, dem VfB Oberndorf und dem SV Bernbach auch die SG Bruchköbel, der TSV Höchst, der FC Gelnhausen und Phönix Düdelsheim auftauchen.

Dass Wirsing überhaupt noch Fußball spielt, ist angesichts seiner Verletzungshistorie keine Selbstverständlichkeit. Beinbrüche, Kreuzband- und Bänderrisse, ein Handbruch sowie zwei Bandscheibenvorfälle säumen als ungebetene Begleiter seine Laufbahn. „Vor zehn Jahren hatte man mir von ärztlicher Seite geraten, aufzuhören. Das hat mich aber motiviert zu beweisen – auch mir selbst –, dass es doch geht“, berichtet der Allrounder, der inklusive Torhüter schon alle Positionen gespielt hat. „Verteidiger würde ich mir heute nach meinen vielen Verletzungen nicht mehr zutrauen. Da sind mir die 20 Jahre jüngeren Stürmer doch etwas zu schnell“, lacht Wirsing, der mit seinem Bruder in Altenstadt einen Pflegedienst betreibt.

Derzeit stehen sowohl die Zweite der SG Freiensteinau (B-Liga Schlüchtern) als auch die Erste (Gruppenliga Fulda) auf dem zweiten Platz. „Wenn man so lange dort oben steht, möchte man natürlich hoch“, gibt Wirsing unumwunden zu. Ob er in Freiensteinau weitermachen wird, ist offen. „Von meinem Wohnort Staden nach Freiensteinau sind es 55 Kilometer einfache Strecke. Zu den Auswärtsspielen ist es noch sehr viel weiter. Zudem bin ich sehr im Pflegedienst eingespannt“, begründet Wirsing sein Zögern, obgleich sein „Chef“ Reinhold Jessl für die kommende Runde bereits zugesagt hat. Auch wenn der Co-Trainer im Sommer von Bord gehen sollte, werden sich Jessl und Wirsing spätestens in der Fußballschule von Eintracht Frankfurt über den Weg laufen. Dort sind beide nämlich ebenfalls involviert und gelegentlich als Übungsleiter im Einsatz. /rd

Vor zehn Jahren hatte man mir von ärztlicher Seite geraten, aufzuhören. Thomas Wirsing