Die Unruhe wächst bei Eintracht Frankfurt

15. April 2024, 14:43 Uhr

Frust abschütteln: Philipp Max (li.) sollte im Endspurt der Eintracht eine feste Größe sein. © dpa

Die Eintracht sollte sich im Sportressort schnellstens straffen, um den Turnaround zu schaffen – sonst wird es nichts mit dem europäischen Geschäft

In der Nachbetrachtung des lange sehr einseitigen Bundesligaspiels zwischen dem VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt (schnörkellos 3:0) ist auch auf Nationalspieler Robin Koch einige Kritik eingeprasselt. In einem recht billigen Gegentor hatte der Eintracht-Abwehrchef seine Aktien, seine hölzerne und unbeholfene Ballannahme nutzte der ihn resolut attackierende VfB-Stürmer Deniz Undav zum Ballgewinn, wackelte noch schnell Willian Pacho aus und vollendete dann klug ins lange Eck. 2:0, die Vorentscheidung. Nach gut einer Viertelstunde. Koch nahm das Ding auf seine Kappe, er hätte den Ball besser einfach weggehauen, stellte er knapp fest. Richtig.

Doch richtig ist genauso, dass ihn erst ein fast schon verwegener Einwurf von Niels Nkounkou derart in die Bredouille brachte. Der Linksverteidiger schmetterte die Kugel als halbhohen Aufsetzer vor Kochs Füße, der den Ball natürlich anders hätte verarbeiten können, doch unnötig und sinnfrei war der weite Einwurf dennoch. Longline wäre sicher die klügere und sicherere Variante gewesen.

Max verlässlicher

Es ist nicht die erste Unachtsamkeit, die Nkounkou einflechtet in sein immer noch wenig stringentes Spiel. Der Franzose ist ein unsteter Spieler, ein unsicherer Kantonist, der bei allem Talent zu viele Schwankungen beweist. Und genau deshalb ist es nicht sonderlich clever gewesen, den schnellen Mann an Stelle von Philipp Max aufzubieten.

Der 23-Jährige ist gewiss der rasantere, spektakulärere Spieler, doch gerade in unruhigen Zeiten ist Verlässlichkeit etwas, was eine so ein bisschen aus den Fugen geratene Fußballmannschaft braucht. Etwas, worauf sie sich zurückziehen kann. Und für Verlässlichkeit steht nun mal ein Routinier wie Philipp Max, der nicht die Sterne vom Himmel spielt, aber doch seriös seinem Job nachgeht. Insofern wäre es dringend angeraten, den Saisonendspurt mit dem früheren Augsburger zu bestreiten, der am Freitag mit der Eintracht im ersten Europapokalendspiel auf seinen alten Arbeitgeber trifft.

Das Spiel gegen den direkten Konkurrenten ist von einiger Bedeutung, ganz klar das wichtigste der letzten Wochen. Denn wenn die Eintracht die Partie gegen den drei Punkte hinter ihr lauernden Konkurrenten in den Sand setzt, wird nicht nur die ohnehin schon ordentlich ausgeprägte Unruhe eine ganz neue Dimension erreichen, nein, dann ist kaum mehr zu erwarten, dass sie Platz sechs wird verteidigen können. Ein Abrutschen wäre dann sehr viel wahrscheinlicher und wohl kaum mehr zu verhindern, zumal es das Restprogramm, es hat sich herumgesprochen, in sich hat.

Weshalb fehlt die Schärfe?

Daher ist die Begegnung im Waldstadion fast schon ein Schicksalsspiel, auf jeden Fall eine, in dem mal wieder sechs Punkte vergeben werden – nicht wirklich, nur im Sprachgebrauch. Es ist eine Menge Druck auf dem Kessel.

Da trifft es sich nicht wirklich gut, dass die Eintracht völlig von ihrer Linie abgekommen ist. Die Diskussionen um Trainer Dino Toppmöller sind nach dem indiskutablen Auftritt in Bad Cannstatt wieder neu aufgeflammt. Der Coach kämpft um seinen Job, nicht aktuell, aber zur neuen Saison. Und die Frage ist, ob er die Mannschaft noch in dem Maße erreicht, um im Schlussspurt die nötigen Punkte einzufahren. Schwer wird das, so oder so.

Toppmöller wird in einen anderen Modus schalten müssen, das Team anders anpacken, es kitzeln und erwecken. Er muss Dinge vereinfachen, direkter sein, alles Beiwerk und Fußballfachwissen zur Seite schieben, dafür die Emotion und Leidenschaft ausgraben – denn daran fehlt es dem Team auf dem Platz. Es geht jetzt nur noch darum, die Sinne zu schärfen und in einem Kraftakt irgendwie zu retten, was kaum mehr zu retten scheint.

Die von Toppmöller in Stuttgart vermisste Grundschärfe ist nämlich absolut bedenklich. Denn: Ein Gegner kann ja besser sein, aber sich quasi wehrlos ergeben und sich phasenweise wie ein Absteiger zu präsentieren, das kann es in dieser Saisonphase nicht sein. „Wir müssen am Freitag Einstellung, Emotion, Leidenschaft auf den Platz bringen“, mahnt Makoto Hasebe. Da spürt einer, dass etwas falsch läuft.

Und auch Sportvorstand Markus Krösche wird näher an die Mannschaft heranrücken, was zwingend notwendig ist, um ihr den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Indes ist auch diese Regulierung „von oben“ nicht ungefährlich. Die Autorität des sowieso angezählten Trainers wird so nicht gestärkt. Dennoch ist es richtig, jetzt nicht einfach alles laufen zu lassen und auf das Prinzip Hoffnung zu setzen.

Es muss ein anderer Zug in und um die Mannschaft getragen werden, man muss sich straffen, eine andere Leistungsbereitschaft und ein anderes Erfolgsdenken in die Gruppe implementieren. Das kann nicht ausschließlich der Job des Sportchefs sein, dafür gibt es auch andere hochrangige Angestellte im Sportressort.

Natürlich gibt es handfeste Gründe für die Misere. Das fängt beim Selbstvertrauen an, das im Zuge der vielen unrunden Auftritten und einer generellen Unruhe um den Klub in den Keller gerauscht ist. Gerade bei einem jungen, unfertigen Team ist das Gift.

Toppmöller sollte reagieren

Zudem sind die Achsen weggebrochen. Hinten ist Tuta gesperrt, Pacho schwimmt bedenklich. In der Zentrale davor ist entweder Ellyes Skhiri oder Hugo Larsson verletzt, manchmal auch beide zugleich. Skhiri ist ohnehin meilenweit weg von der Verfassung, die ihn zu einem der begehrtesten Mittelfeldspieler der Liga gemacht hatte. In Stuttgart meldete sich auch Mario Götze mit einer Bindehautentzündung ab.

Überhaupt sind zu vieler Spieler ein gutes Stück entfernt von ihrer Bestform: Aurelio Buta ist im Dauertief, Ansgar Knauff scheitert an seiner fehlenden Technik, Omar Marmoush ist noch der Beste, spielt aber langsam so, wie man ihn vor der Saison erwartet hatte. Und Fares Chaibi bewirbt sich mit seinen Lustlos-Auftritten für einen Platz auf der Tribüne – Toppmöller sollte die Möglichkeit einer solchen Maßregelung mit Signalwirkung nicht außer Acht lassen. Das kann nicht nur nach außen, sondern auch nach innen wirken. Nicht zu unterschätzen an Tagen wie diesen.

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