Eintracht Frankfurt: Verloren, na und?

28. April 2024, 15:07 Uhr

Hat es leicht beim Abschluss: Harry Kane überwindet Kevin Trapp. © AFP

Eintracht Frankfurt macht ein ordentliches Spiel in München, unterliegt beim FC Bayern dennoch verdient mit 1:2 – und verbessert die Chancen auf Rang sechs.

Manchmal kann sich die Laune aufhellen, ohne dass man selbst etwas Erhellendes dazu beigetragen hat. Mal bei der Entourage der professionellen Fußballmannschaft von Eintracht Frankfurt nachfragen. Die kann sich an diesem Wochenende wie ein heimlicher Sieger fühlen – obwohl sie ihr fälliges Bundesligaspiel beim deutschen Rekordmeister Bayern München völlig verdient mit 1:2 verloren hat.

Es war eine vermeidbare Niederlage, einerseits. Denn die Münchner wollten den Frankfurtern gar nichts Böses, auch ein 1:1 wäre für sie vor dem Champions-League-Kracher gegen Real Madrid okay gewesen. Das war zu spüren, die letzte Gier und die letzte Entschlossenheit fehlte. Verständlich. Aber dann kam Robin Kochs Eselei (hier Ellenbogenschlag ins Gesicht des Gegenspielers, verboten; dezidiert aufgearbeitet auf der Seite S2) – und das Ding ging per Strafstoß von Harry Kane doch noch um. Selten war es leichter, in Fröttmaning etwas Zählbares zu entführen. Ein Punkt wäre realistisch gewesen. Ein Resultat, das niemandem wehgetan hätte. Weder den Bajuwaren, erst recht nicht den Hessen.

Andererseits haben die Frankfurter alles in allem zu wenig investiert und waren nicht mutig genug, um sich ein Remis wirklich zu verdienen. Ärgerlich. Aber irgendwie auch egal.

Ach ja, die gute Laune. Die hat zwei Gründe. Zum einen: Die Pleite im Süden war gewiss keine, die gravierende Schäden in punkto mentaler Festigkeit, also Glauben oder Selbstvertrauen, hinterlassen hat. Dazu waren die Leistungsunterschiede zwischen den Teams nicht groß genug, lange war es ein Duell auf Augenhöhe, mit Vorteile für den abbestellten Abomeister aus München, aber auch nicht so himmelweit großen. Man kann ja schon mal verlieren in München. Ergo: abgehakt.

Und zum anderen, sehr viel entscheidender: Platz sechs als Endplatzierung rückt für die Eintracht immer näher, denn die dahinter wollen ja gar nicht. Hoffenheim verliert in Bochum mit 2:3, Augsburg zu Hause gegen Werder Bremen (0:3) und sogar der SC Freiburg gegen den VfL Wolfsburg (1:2) trotz 1:0-Führung. Und, bei allem Respekt: Bayern ist noch mal ein anderes Kaliber als die Kellerkinder oder Mittelständler aus Bochum, Bremen und Wolfsburg. So bleibt alles beim Alten: Die Frankfurter halten ihren Vorsprung auf die, äh, ärgsten Verfolger: fünf Punkte auf Freiburg, sechs auf Augsburg und Hoffenheim. Zudem haben sie die mit Abstand beste Tordifferenz. Eintracht plus fünf, Freiburg minus zwölf, Augsburg minus vier, Hoffenheim minus acht. Das ist fast noch mal ein weiterer Punkt. Und: Die Spiele werden weniger, nur noch drei Begegnungen stehen aus – und warum sollte ausgerechnet jetzt ein dahinter liegender Konkurrent einen Lauf mit drei Siegen hinlegen? Unwahrscheinlich.

So ganz ohne eigenes Zutun kann es gehen, muss es aber nicht. Drei eigene Pünktchen wären dem Projekt Europa daher sicher nicht abträglich. Das sollte möglich sein, auch wenn es die Kontrahenten im Schlussspurt in sich haben: Leverkusen am Sonntag zu Hause, dann in Mönchengladbach und zum Abschluss kommt RB Leipzig ins Waldstadion. Das ist schwierig, andererseits gibt es nicht wenige, selbst im Führungszirkel der Eintracht, die es für nicht unwahrscheinlich halten, dass der Meister aus Leverkusen am 32. Spieltag in Frankfurt seine erste Niederlage wird quittieren müssen. Klar: Dazu müsste alles passen, die Mannschaft sich zu einer Topleistung aufraffen, Bayer so ein bisschen auf Laissez-faire machen und der Schiedsrichter besser nach 89 Minuten abpfeifen. „Da wollen wir unbedingt einen großen Schritt machen für unser großes Ziel, diesen Platz zu verteidigen“, sagt Trainer Dino Toppmöller.

Das Gute für die Eintracht: Sie darf zu Hause antreten. Im Stadtwald hat sie seit Oktober 2022 nur ein Spiel verloren, in der Hinrunde gegen den VfB Stuttgart. Auswärts aber ist sie gegen die Topklubs oft chancenlos: In dieser Saison hat sie nur in Leipzig gewinnen können, in Leverkusen, München, Stuttgart und Dortmund ging sie jeweils leer aus.

In München machte die Eintracht am Samstag ein ordentliches Spiel, solide, gerade nach dem schönen Ausgleichstreffer von Rekordeinkauf Hugo Ekitiké zum 1:1 (23.) gestaltete sie die Partie weitgehend ausgeglichen. Aber es war nun auch kein großer Fight, wie es die Beteiligten glauben machen wollten. „Wir hatten einen guten Spirit auf dem Platz, wir mussten viel laufen und leiden“, sagte Toppmöller. „Das haben die Jungs bravourös getan. Sie haben einen Top-Kampf geliefert.“ Die Zahlen sagen etwas anderes: Ballbesitz: 61:39 Prozent für Bayern, Pässe 671:413, Expected-Goals-Rate: 3,82:0:46. Und das gegen Bayern, die bestimmt nicht zu 100 Prozent „on fire“ waren. Sportvorstand Markus Krösche fand den Auftritt insgesamt okay, was er auch war, hätte sich aber im zweiten Abschnitt etwas „mehr Mut“ gewünscht. Alles richtig.

Interessant dabei: Trainer Toppmöller selbst stand mehr unter Strom als seine Spieler, animierte sein Team permanent mit weit ausgebreiteten Armen. Es sollte nichts nutzen.

Nach dem Strafstoß von Harry Kane zum 1:2 (61.) war die Partie entschieden, der Engländer hatte die Bayern schon nach neun Minuten und einem hanebüchenen Fehlpass von Verteidiger Willian Pacho in Führung gebracht. Der Ecuadorianer fing sich im Laufe des Spiels, doch seine persönlichen Fehlleistungen nehmen zu. In der Rückrunde tritt er deutlich schwächer aus als im alten Jahr. Vielleicht normal bei einem jungen Spieler in seinem ersten Bundesligajahr. Gerade im Spielaufbau sollte er sich steigern. Da bringt er die eigenen Mitspieler zu oft in die Bredouille. So oder so: Am Samstag haben erneut zwei individuelle Patzer die Punkte gekostet – das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison.