Mountainbike statt Fußball

13. Februar 2024, 08:06 Uhr

Horst Glania und seine Frau Petra genießen den Blick vom heimischen Balkon auf die Liobakirche in Petersberg © Ralph Kraus

Meisterschaften, Abstiege, tolle Momente, schwere Verletzungen und einige Rückschläge: Horst Glania hat im Fußball alles erlebt. Und auch wenn man ihn mittlerweile so gut wie überhaupt nicht mehr an einem Sportplatz antrifft: Dem Sport ist er bis heute treu geblieben.

„Im Fußball geht ja immer viel über die persönliche Schiene. Wenn man aber – so wie ich – eine Pause macht, dann verliert man auch immer mehr den Kontakt zur jeweils aktuellen Spieler-Generation. Und wenn du dann die Leute irgendwann nicht mehr kennst, die da am Platz stehen, dann ist es auch nicht mehr so interessant“, erklärt Glania, warum sich seine Interessen mittlerweile völlig gedreht haben.

Meisterschaften, Abstiege – und jetzt Mountainbike statt Fußball

„Sport ist nach wie vor das Wichtigste in meinem Leben. Durch die Verletzungen habe ich mit dem Radfahren angefangen. Ich fahre Mountainbike, nehme eigentlich an allen Rundfahrten teil, die in der Region angeboten werden und gehe auch sehr gerne ins Fitnessstudio“, so der ehemalige Lehrer des Domgymnasiums, an dem er von 1983 bis 2023 unterrichtete. Die Begeisterung für den Sport hat Glania an seine Kinder weitergegeben: Tochter Judith wurde einst Hessenmeisterin im Delfinschwimmen, Alexander spielte Wasserball in der Zweiten Bundesliga und die Laufbahn von Jan-Philip als Schwimmer dürfte ohnehin jedem in der Region bekannt sein. „Das war dann ein weiterer Grund, warum die Konzentration auf anderen Dingen als dem Fußball lag. Schließlich war es beispielsweise bei Olympia 2012 Ehrensache, dass wir als Familie mit nach London gereist sind.“

Von dort hat Horst Glania kuriose Geschichten zu erzählen. Beispielsweise die vom Ticketkauf für die Wettkämpfe von Jan-Philip. „Vom Schwimmverband hat jede Familie eine Eintrittskarte bekommen. Den Rest haben wir uns für teilweise horrende Preise über Ebay organisieren müssen. Für das Halbfinale haben wir dann überhaupt keine Tickets bekommen. Man muss sich das vorstellen: Dein Sohn schwimmt ein Halbfinale bei Olympia und die Familie sitzt quasi nebenan in einem Pub und schaut den Wettbewerb auf dem Fernseher“, erzählt Glania schmunzelnd. 2016 verzichtete die Familie dann bei der zweiten Olympia-Teilnahme von Jan-Philip auf die Reise nach Rio. „Da haben wir daheim vor dem Fernseher gesessen“, so Horst Glania, dessen Frau Petra anfügt: „Da sitzt du dann da und dein Herz bibbert ganz schön. Das ging bei uns allen schon Stunden vor dem Wettbewerb los.“

Letzten Samstag nun feierte Glania seinen 70. Geburtstag. Natürlich mit zahlreichen Gratulanten aus seiner aktiven Fußballzeit. Die begann übrigens beim FV Horas, wo er die gesamte Jugendzeit spielte. Was folgte war ein äußerst kurioser Einstieg in den Seniorenbereich: „Ich war gerade 18 Jahre alt und bestritt mein erstes Spiel ausgerechnet gegen Petersberg. Damals wusste ich aber noch nicht, dass das später meine Wahlheimat und mein langjährigster Verein werden würde. Damals habe ich gleich ein Tor geschossen und wir haben gewonnen. Petersberg ist am Ende dennoch Meister geworden“, erinnert sich Glania.

Titel, Aufstiege – doch Fußball bedeutete für Horst Glania auch Leiden

Es folgten von 1973 bis 1976 drei Jahre als blutjunger Spielertrainer beim SV Dietershan und schließlich ein traumhaftes Jahr auf Vancouver-Island. Dort spielte Glania für die Uni-Mannschaft der University of Victoria. „Wir haben da fünf Mal die Woche trainiert und es ging mächtig zur Sache. Im ersten Training lag ich mehr, als dass ich den Ball hatte. Ich habe mich gefragt, wo ich hier gelandet bin. Aber das war eine tolle Zeit, mit tollen Jungs und ich war so fit wie nie vorher.“

Doch nicht lange: Voller Tatendrang wieder in Deutschland angekommen, lag Glania sechs Wochen im Krankenhaus. Eine Schilddrüsenüberfunktion ließ ihn bis auf 50 Kilo abmagern. „Da waren nur noch Haut und Knochen. Ein Jahr habe ich gebraucht, um mir alles wieder anzutrainieren.“ Es folgte der Wechsel in die Heimat seiner heutigen Frau Petra nach Petersberg. Bis heute wohnen die Glanias mit herrlichem Blick auf die Liobakirche. „1978 war das, als ich nach Petersberg ging“, weiß Glania noch. Seine ersten Teamkollegen beim RSV waren unter anderem Thomas Hohmann, Helmut Reith, Klaus Teigler, Gerhard Leitsch sowie die Brüder Helmut und Hubert Rabsch. Sein erster Trainer beim RSV war Friedhelm Bott. „Das war eine klasse Mannschaft, mit der wir 1980 und 1984 zwei Mal in die damals viertklassige Verbandsliga aufgestiegen sind.“

1989 folgte dann der Wechsel für vier Jahre zur Britannia nach Eichenzell. „Damals habe ich bei der Post gejobbt und Emil Herber hat mich nach Eichenzell geholt. Diese Zeit dort war dann herausragend, auch wenn es sportlich nicht so toll lief. Aber der Zusammenhalt, die Kameradschaft und das ganze Drumherum waren derart familiär, dass mir die Leute von damals und der ganze Verein bis heute ans Herz gewachsen sind.“

Doch Fußball bedeutete auch manches Mal leiden: Zwei Achillessehnenabrisse, ein Meniskusschaden und eine schwere Verletzung am Sprunggelenk haben bis heute Spuren hinterlassen. „Dennoch hat mir der Fußball viel gegeben. Es gab unheimlich viele Momente, die einem immer in Erinnerung bleiben: Ich werde beispielsweise nie vergessen, als ich gegen mein Idol Franz Beckenbauer spielen und ihn kennenlernen durfte. Er war für viele ein riesiges Vorbild und ich muss schon zugeben: Als Beckenbauer jetzt gestorben ist, da war das schon ein Moment, der einen tief bewegt hat.“ Geendet hat seine Fußballer- und Trainer-Laufbahn übrigens nach weiteren Stationen beim TSV Lehnerz und der SG Marbach im Jahr 1997 beim SV Großenlüder.

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